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Friday, July 10, 2020

Schauspieler George MacKay: Der Anti-Macker - DER SPIEGEL

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Hollywood liebt junge Briten - von Eddie Redmayne über Tom Hiddleston bis Daniel Kaluuya. Nun könnte George MacKay, 1992 als Sohn einer britischen Kostümbildnerin und eines australischen Beleuchters in London geboren, der nächste sein, der diesen Trend fortsetzt. Seit der Hauptrolle in Sam Mendes’ Kriegsfilm "1917", der Anfang des Jahres den Golden Globe als Bestes Drama sowie drei Oscars gewann und nun auf DVD und Blu-ray erhältlich ist, fragt man sich: Warum ist sein Name nicht längst in aller Munde?

Wie er sich als britischer Soldat zwischen den Schützengräben durch ein Niemandsland aus Dreck und Blut kämpft, wie sich in seinem Gesicht die Gräuel des Ersten Weltkriegs spiegeln, hätte ihm fast selber eine Oscar-Nominierung als bester Hauptdarsteller eingebracht. "Dies war der anstrengendste Film meiner Karriere", sagt der 28-Jährige. "Es gibt einen Zusammenhang zwischen Menge an Aufwand, die man in eine Sache steckt, und der Qualität dessen, was am Ende dabei herauskommt."

Schon mit zehn stand MacKay vor der Kamera, als er an seiner Schule im Süden Londons von einer Casting-Agentin für P. J. Hogans Film "Peter Pan" ausgewählt wurde. "Ich war einfach neugierig", sagt er. "Ich hatte dann so viel Spaß beim Dreh, dass ich die Schauspielerei als Hobby für mich entdeckte und am Ball geblieben bin." Dass "tatsächlich nichts anderes als Beruf in Frage kommt", schiebt er hinterher, stand allerdings erst knapp zehn Jahre später fest, nach Filmauftritten neben Daniel Craig und Clive Owen sowie vergeblichen Bewerbungen an renommierten Schauspielschulen.

2014 gelang ihm der Durchbruch. Für das Musical "Sunshine on Leith" – mit Songs von den Proclaimers und inszeniert vom späteren "Rocketman"-Regisseur Dexter Fletcher – wurde er als European Shooting Star ausgezeichnet und beim britischen Filmpreis BAFTA als Rising Star nominiert.  

Monate später feierte die Tragikomödie "Pride" in Cannes Premiere, mit MacKay in der Rolle eines jungen Schwulen, der in Thatcher-Ära zu sich selbst findet. 2016 spielte er im kontrovers diskutierten Drama "Captain Fantastic" den ältesten Sohn von Viggo Mortensen, der seine Kinder allein in der Wildnis großzieht. 

"Ich habe immer Angst, zu prätentiös zu klingen", lacht MacKay, wenn man ihn auf seine Rollenauswahl anspricht. "Aber tatsächlich geht’s mir immer um die Frage: Warum sind wir, wie wir sind? Danach suche ich meine Rollen aus. Wenn ein Film mir nichts über die menschliche Natur erzählt und auch sonst nichts zu sagen hat, dann interessiert er mich irgendwie nicht." 

Kein Wunder also, dass er lieber Rollen spielt wie in dem spanischen Gruselfilm "Marrowbone" oder in "Where Hands Touch", Amma Asantes im Dritten Reich angesiedelte (und in Deutschland bis heute nicht verfügbare) Liebesgeschichte zwischen einem Hitlerjungen und einer jungen Schwarzen, als bei einem Blockbuster-Franchise anzudocken. 

Gut möglich, dass sich MacKay nicht wirklich wohlfühlen würde in der Glamour-Welt Hollywoods. Bislang genießt er es – wie bei einem Interviewtag im Rahmen des Kinostarts von "1917" im vergangenen Winter –, möglichst ohne allzu viel Entourage unterwegs zu sein. Die Mittagspause im Berliner Soho House verbringt er nicht etwa mit Zimmerservice in einer Suite, sondern sitzt, vollkommen unerkannt, allein im Restaurant. Stundenlang im Gym Gewichte stemmen und in Interviews den Macker raushängen lassen? Ganz offensichtlich nicht sein Ding. Stattdessen schwärmt er im Gespräch wie ein Film-Nerd von der Arbeit mit Kameramann Roger Deakins.

Auch seine übrigen Arbeiten der jüngsten Zeit können sich sehen lassen, von einer Nebenrolle als Hamlet in "Ophelia" mit Daisy Ridley und Naomi Watts (kürzlich bei uns auf DVD & Blu-ray erschienen) bis hin zu "The True History of the Kelly Gang". Das Western-Drama von Justin Kurzel spielt im 19. Jahrhundert und handelt von dem legendären australischen Ranger und Freiheitskämpfer Ned Kelly. Der Film, der klassische Männerbilder hinterfragt, wurde im vergangenen Jahr beim Festival von Toronto gezeigt und soll in Deutschland vor seiner Heimkino-Premiere im August am 11. Juli in einigen Großstädten auch auf der Leinwand zu sehen sein. 

Mit Blick auf den wilden Ritt des Films, der historische Fakten mit Punkrock und Cowboys in Frauenkleidern kombiniert, sagt MacKay: "Das Vereinen von vermeintlich Gegensätzlichem ist das große Thema dieses Films. Er soll zeigen, wie nah sich zwei Extreme oft sind. Ein Fick und ein Kampf können fast das Gleiche sein."

Ausgeschlossen ist es nicht, dass MacKay irgendwann das Interesse an solchen anspruchsvollen kleinen Filmen verliert. Womöglich hat er dann doch mal Lust auf ein üppiges Honorar und heuert bei einer Computerspiel-Adaption oder einem schicken Netflix-Fünfteiler an. Für den Moment sieht es danach allerdings noch nicht aus. Er fühlt sich mit schwierigen Themen und komplexen Figuren offenbar ziemlich wohl.

"The True History of the Kelly Gang" ist am Samstag bei den "Fantasy Filmfest Nights" in Hamburg, München, Frankfurt, Berlin, Köln, Nürnberg und Stuttgart zu sehen.

Icon: Der Spiegel



July 11, 2020 at 02:11AM
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