Die Aufpreislisten der sogenannten Premiumhersteller sind nahezu endlos. Da geht rasch der Blick verloren auf das Wesentliche. Dass nämlich statt der Anschaffung schicker Felgen ein ganzes Auto vor der Türe stehen kann. Etwa ein Mitsubishi Space Star. Den drücken die Japaner schon mal zu Kampftarifen um 7500 Euro in den Markt. Damit ist er der günstigste Neuwagen in Deutschland. Ohne Sonderaktion werden für das Basismodell 10.490 Euro verlangt. Dafür gibt es einen mauen Einliter-Dreizylinder mit 71 turbolosen PS, vier Türen, fünf Gängen und sechs Airbags. Wer kühlen Kopf bewahren will und etwas Unterhaltung sucht, greift zu Varianten mit Klimaanlage und Radio, dann sind unverbindlich mindestens 11.800 Euro anzulegen.
Redakteur in der Wirtschaft, zuständig für „Technik und Motor“.
Uns zugeführt wurde die Top genannte Spitzenversion, die preislich ausreißt, 16.890 Euro stehen auf dem Papier, zuzüglich 1100 Euro für das stufenlose CVT-Automatikgetriebe. Dieser Space Star wird von der größeren der beiden möglichen Maschinen angetrieben, einem 1,2-Liter-Dreizylinder-Sauger mit 80 PS und schmalen 106 Newtonmeter Drehmoment. Er präsentiert sich erfreulich ausstaffiert, LED-Scheinwerfer, Sitzheizung und Rückfahrkamera sind an Bord. Auch einen Touchscreen gibt es, mit Feldern für die Radiosender, so klein, dass sie kaum zu treffen sind.
Sein ursprüngliches Wesen kann oder will er in keiner Variante verhehlen. Bedeutet: adrettes Außendesign, erfreuliche Raumausnutzung, solide Verarbeitung, Hang zum Sparbrötchen. Die Kunststoffe riechen streng, besonders wenn das Auto in der Sonne stand. Womöglich lässt der Geruch mit der Zeit nach, im Neuwagen ist er penetrant. Selbstredend ist das Material hart und grau, doch seit wir den modernen VW ID.3 innen gesehen haben, meckern wir leiser über Tristesse geschuldeter Rotstiftpolitik. Auf den Sitzen lassen sich kurze Strecken gut aushalten, lange Fahrten sind eine Zumutung, es mangelt auch an Seitenhalt. Wobei flink genommene Kurven ohnehin nicht zum Anforderungsprofil gehören.
Dazu wäre eine Lenkung notwendig, die ungefähr das macht, was der Fahrer vorgibt. Die im Space Star klebt und ist träge, es dauert eine Gedenksekunde, bis die Vorderräder dem Befehl folgen. Entschleunigung passt zum Antrieb, der zum Fortkommen reicht, zu mehr nicht. An Steigungen verliert der Wagen an Geschwindigkeit. In der Autobahnauffahrt heult der Motor auf, aus dem Bereich des müden CVT-Getriebes tritt ein wellenartiges Geräusch hervor, die Geschwindigkeitszunahme ist bedächtig. Einen Lastwagen beim Einfädeln ausbeschleunigen ist ein aussichtsloses Unterfangen. Zum Überholen braucht man einen Plan.
Hat man sich an all das gewöhnt, lebt es sich brauchbar mit dem Mitsubishi, weil er eine ehrliche Haut ist. 5,4 Liter Super beträgt der Testverbrauch, nicht genial, aber hinnehmbar. Von seiner praktischen Seite zeigt er sich dank vier Türen und dem ordentlichen Kofferraum, dessen Ladekante allenfalls ein wenig hoch ausfällt. Nahezu übertriebenen Komfort bietet der schlüssellose Zugang über Druckknöpfe, freilich nur an Fahrertür und Heckklappe, nicht an der Beifahrertür, dort ist ein Schloss angebracht.
Uns wäre das Top-Modell zu teuer für das Gebotene, wir würden einen gebrauchten VW Polo oder Renault Clio vorziehen. Oder uns bei Dacia umsehen. Aber wer wirklich Basismobilität sucht, den könnte Mitsubishi mit seinen Rabattaktionen ködern. Feine fünf Jahre Garantie gibt es dazu. Offen bleibt, was aus Mitsubishi in Deutschland wird. Die Ankündigung, keine neuen Modelle mehr nach Europa zu schicken, aber den Verkauf der bestehenden Modellpalette fortzuführen, schafft kein Vertrauen.
September 06, 2020 at 05:15PM
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Manchmal billiger als Dacia - FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung
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